Viele Betroffene und Angehörige nutzen neben der schulmedizinischen Behandlung auch komplementärmedizinische Therapien. Dabei ist wichtig, zwei Arten zu unterscheiden:
- Komplementäre Therapien: Sie ergänzen die Schulmedizin, ersetzen sie aber nicht. Ihr Ziel ist es, das körperliche und seelische Wohlbefinden zu stärken, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
- Alternative Therapien: Sie ersetzen die Schulmedizin und versprechen oft Heilung, die jedoch nicht wissenschaftlich belegt ist. Sie können Risiken mit sich bringen und werden deshalb von ALS Schweiz nicht empfohlen.
Wer die Schulmedizin und komplementärmedizinische Therapien miteinander kombiniert, spricht von integrativer Medizin.
Auch wenn viele dieser Therapien wissenschaftlich nicht bewiesen sind, berichten viele Betroffene von guten Erfahrungen. Wichtig ist: Sprechen Sie immer mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, bevor Sie eine Therapie beginnen, um Risiken oder Wechselwirkungen zu vermeiden.
Manuelle Therapieformen
Zu den manuellen Therapien gehören Behandlungen mit den Händen – zum Beispiel durch Bewegung, Druck oder Massage. Sie können den Verlauf der ALS zwar nicht aufhalten, aber viele Betroffene empfinden sie als angenehm und entspannend.
Physiotherapie
Physiotherapie ist Teil der schulmedizinischen Behandlung und wissenschaftlich anerkannt. Ihr Ziel ist es, die Muskelfunktion zu erhalten und Komplikationen vorzubeugen. Regelmässige Übungen mit einem Physiotherapeuten können Spastik lindern, die Beweglichkeit der Gelenke erhalten und Muskelverkürzungen möglichst lange hinauszuzögern.
Ergotherapie
Ergotherapie hilft Betroffenen, so lange wie möglich selbstständig zu bleiben. Durch gezielte Übungen, Hilfsmittelberatung und das Training praktischer Tätigkeiten wie Anziehen, Schreiben oder Essen lernen sie, besser mit den Herausforderungen der Krankheit umzugehen. Auch die Anpassung der Wohnumgebung gehört dazu.
Wichtig ist auch der bewusste Umgang mit den eigenen Kräften. Wer rechtzeitig Pausen macht – als „Pacing“ bezeichnet – hat mehr Energie für das, was wirklich zählt.
Logopädie
Logopädie unterstützt Menschen mit ALS dabei, möglichst lange klar zu sprechen und sicher zu schlucken. Sie hilft, Atemrhythmus, Stimmkraft und Artikulation zu erhalten – und damit auch Selbstvertrauen und soziale Teilhabe.
Auch wenn erste Schluckbeschwerden auftreten, kann Logopädie mit gezielten Übungen und Strategien helfen, Problemen wie Verschlucken oder Gewichtsverlust vorzubeugen.
Massagetherapie
Viele Betroffene empfinden klassische Massage oder Reflexzonenmassage als angenehm und wohltuend. Durch sanftes Kneten oder Streichen der Muskulatur können Verspannungen gelöst und Schmerzen gelindert werden. Wichtig ist, dass die Massage individuell auf den Gesundheitszustand abgestimmt wird.
Osteopathie
Mit sanften Griffen werden Spannungen und Blockaden im Körper gesucht und gelöst. So soll das innere Gleichgewicht gefördert und die Selbstheilung unterstützt werden.
Hydro- und Thermotherapie
Wärmeanwendungen wie Bäder, Wärmepackungen oder Fangopackungen entspannen die Muskulatur und können Steifigkeit lindern. Bewegungsbäder – also gezielte Übungen im warmen Wasser – können die Beweglichkeit verbessern und wohltuend sein.
Pflanzliche Therapien
Diese Behandlungen nutzen Pflanzen und ihre Wirkstoffe, um Beschwerden zu lindern und das Wohlbefinden zu fördern. Viele der Anwendungen beruhen auf langjähriger Erfahrung, auch wenn wissenschaftliche Studien oft fehlen. Wichtig ist, pflanzliche Mittel immer mit der Ärztin oder dem Arzt abzusprechen, um Risiken und Wechselwirkungen mit Medikamenten auszuschliessen.
Phytotherapie
Die Pflanzenheilkunde nutzt verschiedene Kräuter, die bei Beschwerden helfen können. Zum Beispiel werden Lavendel-Duftkissen oder Passionsblumenkraut-Tee bei Schlafproblemen und Unruhe eingesetzt, weil sie entspannend wirken. Auch Baldrian und Melisse sind bekannte pflanzliche Beruhigungsmittel, allerdings gibt es keine speziellen Studien bei ALS.
Gegen Völlegefühl oder Blähungen nach dem Essen werden Kräutertees aus Kümmel oder Fenchel empfohlen. Diese Pflanzen sind seit langem bewährt und gelten als relativ sicher. Ihre Wirkung ist aber von Person zu Person verschieden.
Medizinal-Cannabis
Produkte aus Cannabis, wie THC-haltiges medizinisches Cannabis oder Cannabidiol-Öl, werden auch bei neurologischen Erkrankungen eingesetzt. Cannabis kann Muskelkrämpfe lösen, Schmerzen lindern und den Appetit sowie den Schlaf fördern. Einige Betroffene berichten, dass Cannabis bei Spastik und nächtlichen Beschwerden hilft.
Cannabis kann Nebenwirkungen wie Benommenheit oder psychische Veränderungen haben und kann mit anderen Medikamenten reagieren. Es ist kein Heilmittel, kann aber in der palliativen Versorgung zur besseren Lebensqualität beitragen.
Traditionelle und energetische Therapien
Diese Methoden stammen oft aus alten Heiltraditionen oder alternativen Ansätzen. Sie sehen Körper, Geist und Seele als Einheit und wollen alle Bereiche ansprechen. Auch wenn es meist keine wissenschaftlichen Belege gibt, berichten manche Betroffene von positiven Erfahrungen – zum Beispiel bei Stress, Symptomen oder im Umgang mit der Krankheit.
Akupunktur und TCM
Akupunktur ist Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Dabei werden dünne Nadeln an bestimmten Stellen des Körpers gesetzt, um den Energiefluss, das sogenannte Qi, zu regulieren. In der TCM gehören außerdem Kräutermischungen, spezielle Massagen und Bewegungsübungen wie Qi Gong dazu. Ziel ist es, den ganzen Menschen zu behandeln.
Homöopathie
Homöopathie ist eine alternative Heilmethode. Dabei werden sehr stark verdünnte Stoffe eingesetzt, die den Körper zur Selbstheilung anregen sollen. Einige ALS-Betroffene probieren homöopathische Mittel wie Arnica oder Cuprum metallicum, zum Beispiel bei Muskelkrämpfen, aus. Wissenschaftlich ist die Wirkung nicht belegt. Viele berichten aber, dass ihnen die Gespräche mit dem Therapeuten guttun und sie das Gefühl haben, aktiv etwas für sich zu tun.
Anthroposophische Medizin
Die Anthroposophische Medizin wurde von Rudolf Steiner entwickelt und ergänzt die Schulmedizin. Sie möchte Körper, Seele und Geist ansprechen. Dazu gehören spezielle Therapien und Heilmittel. Ein Beispiel ist die Heileurythmie: langsame, bewusste Bewegungen, oft begleitet von Musik oder Sprache. Ziel ist es, das Körpergefühl zu stärken und das innere Gleichgewicht zu fördern. Obwohl es keine Studien für ALS gibt, finden manche Betroffene die achtsame Bewegung hilfreich.
Psychosoziale Begleitung und Unterstützung
Die Diagnose ALS und der Umgang mit der Erkrankung stellen für Betroffene und ihre Angehörigen eine große psychosoziale Belastung dar. Psychosoziale Begleitung und Unterstützung umfasst deshalb Angebote, die nicht nur psychische Entlastung bieten, sondern auch den sozialen Austausch fördern und helfen, den Alltag besser zu meistern. Ob durch Beratung, Selbsthilfegruppen, kreative Therapien oder spirituelle Begleitung – diese vielfältigen Angebote tragen dazu bei, Ängste zu lindern, die Stimmung zu verbessern und die Lebensqualität zu stärken.
Entspannungs- und Achtsamkeitstechniken
Meditation, Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training oder Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR) sind wissenschaftlich gut untersuchte Methoden. Sie helfen, Stress abzubauen, Ängste zu lindern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
Kunst- und Musiktherapie
Kreative Angebote bieten vor allem dann eine wichtige Ausdrucksmöglichkeit, wenn Sprechen oder Bewegung eingeschränkt sind. Ob Malen, Zeichnen oder Musik hören und Musizieren – sie unterstützen das emotionale Erleben und fördern innere Ressourcen.
Seelsorge und spirituelle Begleitung
Für viele Menschen sind Spiritualität, Glaube oder philosophische Fragen wichtige Anker in der Krankheitsbewältigung. Spirituelle Begleitung – unabhängig von der Religionszugehörigkeit – kann helfen, Lebenssinn und Hoffnung zu finden, Trost zu spenden und bei schweren Entscheidungen beizustehen.
Hypnose und visuelle Imagination
Diese Techniken werden zunehmend genutzt, um Schmerzen zu lindern und das Wohlbefinden zu verbessern. Durch geführte Entspannungs- und Vorstellungsübungen lernen Betroffene, ihre Schmerzempfindung zu beeinflussen, Ängste zu reduzieren und Muskelverspannungen zu lockern. So können sie ihre Symptome besser kontrollieren und ihre Lebensqualität steigern.
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