Durchbeissen, nach tausenden von Höhenmetern

Neu: Video über den Bergsteiger Willy Imstepf, dem diesen Frühling ALS diagnostiziert wurde. «Es war gut so», sagt Willy Imstepf. Er habe sich immer selbst helfen müssen im Leben. So sei es auch jetzt, fährt er fort. Jetzt, wo er weiss, dass er ALS hat, eine unheilbare Nervenkrankheit (Amyotrophe Lateralsklerose). Damit müsse er leben, bis ans Ende seiner Tage, sagt er. Ein herausragender Kletterer sei er nie gewesen, schmunzelt der Oberwalliser: «Aber ich konnte gut laufen, über Stock und Stein.» Fast 45 Jahre lang ist er Bergführer. «Volle Pulle», sagt er, und Willy Imstepf hat Energie ohne Ende. In seinem Bergsteiger-Leben folgt ein Gipfel auf den nächsten, Höhepunkt auf Höhepunkt. Besonders schwierige und gefährliche Aufstiege, wie der Walkerpfeiler, der Mont Blanc und die Eiger-Nordwand. Vielleicht ist es die diese Erfahrung, die ihn zwei Worte zu seinem heutigen Leben sagen lassen: «Durchbeissen. Fertig.»

> Video Willy Imstepf (8 Min.)

Hilfe akzeptieren
Willy Imstepf kommt jedes Mal auf dem Gipfel an. Doch letztes Jahr hatte er zum ersten Mal zu kämpfen; als er seiner Frau Christine den Kilimandscharo zeigen will. Danach lässt er sich untersuchen. Und erfährt, dass er ALS hat. Willy Imstepf, dem jahrzehntelang kein Berg zu hoch war, kein Aufstieg zu steil, keine Wand zu gefährlich, ist jetzt auf Hilfe angewiesen; seine Frau unterstützt ihn beim Rasieren, Anziehen und Essen – seine Hände versagen ihren Dienst. Das müsse man akzeptieren können, sagt er: «Sonst fängst du an, zu rotieren.»

Ein gutes Leben
Kämpfte er früher Meter für Meter am Seil, ringt er heute Buchstabe für Buchstabe in seinem Tagebuch. Er schreibt über seine Krankheit, seinen Zustand, wie er sich verändert. Natürlich schmerze es ihn, was mit ihm geschehe, sagt er, doch er könne auf ein gutes Leben zurückblicken, habe viel erlebt. Einmal war er mit Kilian Volken auf den Gasherbrum II gestiegen, ein Achttausender in Pakistan. Drei Jahre hatten sie sich darauf vorbereitet. Volken ist Walliser wie Imstepf und wird später am Mont Blanc als einziger von neun Berggängern eine Lawine überleben – unter den Todesopfern werden zwei seiner Gäste sein. In einem SRF-DOK darüber sind Sätze zu lesen wie «Den Bergen ist der Mensch egal» und «Das Schicksal kennt keine Logik und gibt keine Rechenschaft». Es sind Sätze, die vielleicht verstehen helfen, wie es Willy Imstepf gelingt, Kraft zu schöpfen von seinem Leben an Steilhängen und auf Berggipfeln. Von seinem Verständnis über das Leben und das Sterben, das damit zu tun hat, dass er unzählige Male dort war, wo man «den Himmel berührt».

Ein neues Kapitel im Buch des Lebens
Mit der Bergbeiz «Rarnerchumma» haben Willy und Christine Imstepf ein neues Kapitel in ihrem Leben aufgeschlagen. Direkt am Höhenweg der Lötschberg-Südrampe im Kanton Wallis gelegen, auf 1006 Meter über Meer, haben sich die beiden einen Wunsch erfüllt, den sie seit Jahren hatten: Menschen einen Platz zu bieten, an welchem sie ihre Seele baumeln lassen können. Fernab vom hektischen Alltag. «Aus dem Buch deines Lebens kannst du keine Seiten herausnehmen, aber du kannst immer wieder ein neues Kapitel anfangen», sagen sie auf ihrer Website rarnerchumma.ch

Zwei Brüder – zwei Bergführer
Willy Imstepf und sein 14 Jahre jüngerer Bruder Christian hatten ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und boten als Bergführer Touren in den Alpen an. An oberster Stelle stehe für sie dabei die Sicherheit und das Wohlbefinden der Gäste, schreiben sie auf ihrer Website: «Damit ihr mit geglücktem Gipfelerfolg und mit wunderschönen Erinnerungen nach Hause kehren könnt.» Mit der ALS-Erkrankung von Willy Imstepf ist das Duo nun selbst zu einer Erinnerung geworden. 2bergfuehrer.com

Willy Imstepf (1955) – dipl. Bergführer IVBV, Skilehrer, Ski-Bergsteigen, Patrouilleure, Canyoning-Guide, grosse Erfahrung im Höhen-Bergsteigen, z.B. Gasherbrum II (8034 m) im Karakorum-Gebirge, im Grenzgebiet zwischen China und Pakistan

Christian Imstepf (1969) – dipl. Bergführer IVBV, Canyoning-Guide, Ski-Bergsteigen, Patrouilleure, Ausland-Trekking, Langlauf

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