Vom Glück treuer Freunde
Nicolas Gloor #6: Im Alter von 26 Jahren wird Nicolas Gloor die Nervenkrankheit ALS diagnostiziert. Zunächst lebt er weiter in seiner Wohnung; zwei Jahre später zieht er in ein Pflegeheim. ALS Schweiz wollte wissen, wie es ihm ein Jahr nach dem Umzug geht. Es ist Dankbarkeit für seine Freunde und seine Familie in seinen Worten, doch er spricht auch von etwas anderem.
Als wir Sie im Dezember 2023 besuchten, sagten Sie, Sie wollten nicht bis zum letzten Moment warten, in ein Pflegeheim zu ziehen. Haben Sie den «richtigen Moment» erwischt? Ich glaube schon, ja. Das Leben zu Hause wurde immer komplizierter und ich war mental bereit für diesen Schritt. Ausserdem hatten sich meine Angehörigen grosse Sorgen gemacht, weil ich allein lebte.
Sie machten sich damals Gedanken, in einem Pflegeheim von lauter kranken und alten Menschen umgeben zu sein. Wie erleben Sie das heute? Ich unterhalte herzliche Beziehungen zu den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern, beteilige mich aber nicht gross am Gemeinschaftsleben. Schön ist, dass ich mit gut mit dem Pflegepersonal verstehe, welches in meinem Alter ist und einen ähnlichen Beruf hat wie ich früher.
Angefangen hatten Ihre Einschränkungen damit, dass Sie eines Tages die Pfanne nicht mehr vom Herd nehmen konnten. Wie verläuft die Krankheit, worauf müssen Sie sich inzwischen einstellen? Man kann wirklich sagen, dass es ein harter Schlag war. Ich habe meine Mobilität und Selbstständigkeit verloren. Ich kann nicht mehr gehen, in den oberen Gliedmassen bin ich fast vollständig gelähmt, ernähre mich über eine Sonde und das Sprechen fällt mir sehr schwer. Dank meinem Computer mit Augensteuerung kann ich auf soziale Netzwerke, meine Mailbox und Streaming-Plattformen zugreifen.
Haben Sie immer noch viel Austausch mit Freunden und der Familie? Ja, ich habe das Glück, sehr gut versorgt zu sein und bekomme jeden Tag Besuch. Ich habe sehr treue Freunde und eine aussergewöhnliche Familie, die alles für mein Wohlbefinden tut. Ich bin auch freier als vorher, als die Zeiten für die Pflege festgelegt und immer vor 21 Uhr waren. Heute kann ich kommen und gehen, wie ich will.
Institution Lavigny Der Waadtländer Pfarrer Charles Subilia gründete im Jahr 1906 eine Institution für Menschen, die nicht in Wohlfahrtseinrichtungen aufgenommen wurden. Heute gehören eine Schule, geschützte Werkstätten sowie ein Krankenhaus und Wohnraum für Menschen mit einer Behinderung zur Institution. Etwa das Plein Soleil in Lausanne, eine der wenigen Institutionen im Kanton Waadt, die ALS-Betroffene aufnimmt ilavigny.ch
Zur Person Nicolas Gloor ist Sozialpädagoge und 26-jährig, als ihm Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert wird. Die Nervenkrankheit ist unheilbar und verringert seine Lebenserwartung drastisch. Lebt er anfangs in einer eigenen Wohnung, zieht Nicolas Gloor zwei Jahre nach der Diagnose in ein Pflegeheim. Heute ist er im Oberkörper fast vollständig gelähmt, gehen kann er nicht mehr, ernähren kann er sich nur noch mit einer Sonde. ALS Schweiz unterstützt Betroffene und Angehörige seit 17 Jahren mit einer Vielzahl von Angeboten wie etwa mit Hilfsmitteln, Voice Banking und vielem mehr.