Heute gibt es ein Jetzt

Regula Wipf ist 66-jährig und frisch pensioniert, als sie erfährt, dass sie ALS hat. Die Textil- und Applikationstechnologin arbeitet in international tätigen Unternehmen, reist beruflich nach Deutschland, England, Italien und in die USA. Oft klemmt stundenlang das Handy am Ohr. «Ich habe mich schon gefragt, ob meine Krankheit damit zusammenhängen könnte», sinniert sie.

Nach der ALS-Diagnose geht sie mit ihrer Familie auf Reisen. Ihre Krankheit wird sie immer stärker lähmen. Was sie noch machen will, muss sie machen, solange es noch geht. «Heute gibt es ein Jetzt», sagt sie und meint damit, dass sie nichts mehr aufschiebt.

In ihrer Jugend lernte Regula das Klavierspiel. Um geistig fit zu bleiben, beginnt sie vor ihrer Pensionierung wieder damit. Lernt Stücke von Schubert, Tschaikowsky und auch von den Beatles. Heute, mit ALS, sei es auch ein Training für die Hände, sagt sie.

Die Krankheit der 1’000 Abschiede: Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine unheilbare Nervenkrankheit mit tödlichem Verlauf. Sie zerstört die Signalübertragung der Motoneuronen, welche die Bewegung von Muskeln steuern. Als Folge treten Lähmungen auf. Mit wenigen Ausnahmen; Herz und Augen bleiben intakt, sowie die Sinnesorgane. Eine ALS-Diagnose bedeutet von einem Tag auf den anderen bis zum Lebensende multidisziplinäre Behandlung. Betroffenen bleibt nach den ersten Symptomen in der Regel eine Lebenserwartung von drei bis fünf Jahren.

Lesetipp: Anneser, Borasio, Johnston, Oliver, Winkler (Hg.): Palliative Care bei Amyotropher Lateralsklerose. Von der Diagnose bis zur Trauerbegleitung, Stuttgart, 2018.

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