#3 Nicolas Gloor: Keine Schwarzseher

Nicolas Gloor ist 26, als er erfährt, dass er ALS hat, eine unheilbare Nervenkrankheit, mit welcher in der Schweiz gut 600 Menschen leben. Diese und ihre Angehörigen unterstützt der Verein ALS Schweiz seit 17 Jahren. Sei es durch die Vermittlung von Fachpersonen oder die Ausleihe von Hilfsmitteln. So stiess Nicolas Gloor auf einen Therapeuten, der ihm vom Hilfsmitteldepot des Vereins erzählte. Ein Angebot, das ALS-Betroffenen schon oft gute Dienste leistete. Denn ohne Hilfsmittel ist der Alltag mit ALS kaum zu machen; die Krankheit schränkt Betroffene und Angehörige in vielerlei Hinsicht ein. Sie ist progredient, das heisst, der Gesundheitszustand wird zusehends schlechter, ohne Umkehr. Ausserdem verläuft sie meistens sehr schnell, weswegen das Wichtigste ist, keine Zeit zu verlieren, Hilfsmittel zu bekommen. Vor diesem Hintergrund entstand nach der Gründung des Vereins ALS Schweiz das Hilfsmitteldepot als Angebot, sofort Hilfsmittel anzubieten. Dort finden sich beispielsweise Pflegebetten, Wechseldruckmatratzen zur Prävention von Dekubitus und verschiedene Rollstühle.

Rollstuhl in einer Woche Mit ALS können selbst Handgriffe des Alltags unmöglich werden: Ein Glas Wasser holen – ohne fremde Hilfe nicht mehr machbar. Technische Hilfsmittel ermöglichen es, in gewissen Bereichen länger selbstständig bleiben zu können. Etwa in Sachen Mobilität, Atmung und Kommunikation. Doch Bewilligung, Anschaffung und individuelle Anpassung erfordern Zeit, finanzielle Mittel und vielfach das Know-how von Fachpersonen. Als Betroffener im IV-Alter hat Nicolas Gloor Anspruch auf Hilfsmittelversorgung durch die IV. Jedoch: «mit der IV hätte ich sechs Monate auf meinen Rollstuhl gewartet», erinnert sich Nicolas Gloor. Durch den Verein ALS Schweiz bekam er ihn nach einer Woche. Auch einen Sessel mit unterschiedlichen Sitzpositionen konnte ihm der Verein aus dem eigenen Hilfsmitteldepot ausleihen: «Der Sessel erleichtert mein Leben enorm. Es ist gut, zu wissen, dass es Menschen gibt, die für mich da sind», schwärmt Nicolas Gloor.

Positive Erfahrung Nebst Hilfsmitteln bietet der Verein ALS Schweiz auch Treffen für Betroffene und Angehörige, um sich untereinander zu vernetzen. Anfänglich habe er nicht das Bedürfnis gehabt, andere Betroffene kennenzulernen, erzählt Nicolas Gloor. Damit ist er nicht allein; ALS-Betroffene sagen nicht selten, sie wollten nicht sehen, was auf sie zukomme, wenn sie andere Betroffene kennenlernten. Als sich Nicolas Gloor entschliesst, an einem Treffen mitzumachen, ist er aber positiv überrascht: «Die Leute waren keine Schwarzseher, wie ich befürchtet hatte» Es habe ihm gutgetan, sich mit ihnen über seine Situation auszutauschen, erinnert er sich.

Ein besonderer Wunsch Bei der Diagnose ist Nicolas Gloor mit 26 Jahren deutlich jünger als die meisten anderen ALS-Betroffenen. Die Krankheit bricht meistens in der Lebensmitte aus; oft sind die Betroffenen in ihren Fünfzigern bei der Diagnose, vereinzelt sind Menschen in jungen Jahren und solche hohen Alters betroffen. So wandte sich Nicolas Gloor an den Verein ALS Schweiz, weil er jemand mit dieser Krankheit in seinem Alter kennenlernen wollte. Dank seiner Vernetzung mit Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonen in der ganzen Schweiz konnte der Verein helfen und ihm eine Person vermitteln. Es sei einfach toll, zu wissen, dass es Menschen gebe, die für ihn da seien und die er mit einem solchen Wunsch kontaktieren könne, sagt Nicolas Gloor.

Die Krankheit der 1’000 Abschiede Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine unheilbare Nervenkrankheit mit tödlichem Verlauf. Sie zerstört die Signalübertragung der Motoneuronen, welche die Bewegung von Muskeln steuern. Als Folge treten Lähmungen auf. Mit wenigen Ausnahmen; Herz und Augen bleiben intakt, sowie die Sinnesorgane.

> Hilfsmittel-Angebot Verein ALS Schweiz

Bildlegende: Nicolas Gloor am Genfersee, acht Monate nach der ALS-Diagnose, Mai 2023