Wissenswertes

Anstellung von Pflegenden Angehörigen bei Spitex Organisationen 

Seit 2019 haben Spitex-Organisationen die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen pflegende Angehörige anzustellen und für ihre Grundpflegeleistungen zuhause zu entlöhnen. Zu den Grundpflegeleistungen gehören unter anderem die Hilfe beim Duschen, Baden, An- und Ausziehen, Essen und Trinken, Toilettengang, Aufstehen, Hinlegen, Gehen und Zähneputzen. Dieser Schritt war ein bedeutender Meilenstein zur formellen Anerkennung der wertvollen Arbeit, die viele Angehörige täglich leisten. Trotz dieser positiven Entwicklung bleiben jedoch einige offene Fragen und Herausforderungen bestehen. 

Die Interessengemeinschaft der Angehörigenbetreuung (IGAB), in der auch der Verein ALS Schweiz Mitglied ist, hat in einer Stellungnahme zu dieser Thematik folgendes veröffentlicht: 

„Die Entlöhnung betreuender Angehöriger für ihre Arbeit ist eine Chance, die es zu nutzen gilt, auch wenn nicht alle Assistenzarbeit abgegolten wird. Es ist auf jeden Fall eine Anerkennung für das, was sie ohnehin tun, aber in einem professionellen Rahmen. Solche Modelle stellen erste Lösungen für die Anerkennung der Arbeit pflegender Angehöriger dar und tragen zur Verbesserung der Lebensqualität sowohl der betreuenden als auch der betreuten Personen bei. Es ist wichtig, dass die betreuenden Angehörigen – aber auch die Personen, denen sie helfen – eine echte Wahlmöglichkeit haben und dass sie mithilfe professioneller, bedürfnisgerechter Begleitmassnahmen unterstützt werden. Für ihre Arbeit müssen transparente und gerechte Anstellungsbedingungen bestehen.“ 

Worauf sollte ich achten, wenn ich mich anstellen lassen möchte? 

Finanzielle Folgen und Vorsorge: 

Viele pflegende Angehörige reduzieren ihre Arbeitszeit oder geben ihre Erwerbstätigkeit ganz auf, um ihre Familienmitglieder zu betreuen. Dies kann zu erheblichen finanziellen Einbussen führen, besonders in Bezug auf die Altersvorsorge, da oft nur geringe oder gar keine Pensionskassenbeiträge geleistet werden. Zudem enden viele Arbeitsverträge abrupt, wenn die betreute Person in ein Heim kommt oder verstirbt, was kurzfristig zu finanziellen Engpässen führen kann. Nach Obligationenrecht müsste jedoch eine Kündigungsfrist von ein bis drei Monaten gewährt werden. 

Schulung und Unterstützung: 

Da pflegende Angehörige keine ausgebildeten Gesundheitsfachpersonen sind, sollten Arbeitgeber regelmässig Schulungen anbieten, um den Angehörigen die notwendigen ergonomischen Anweisungen zu geben und sie vor Verletzungen zu schützen. Ebenso sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass pflegende Angehörige durch professionelle Supervision begleitet werden, um Überlastung zu vermeiden. 

Entlastungsangebote und Stellvertretung: 

Es ist wichtig, dass Arbeitgeber Entlastungsangebote bereitstellen, um pflegende Angehörige bei Krankheit, Erschöpfung oder anderen Verpflichtungen zu unterstützen. Dies kann durch eine organisierte Stellvertretung erfolgen, um sicherzustellen, dass die Betreuung auch bei Ausfall der Angehörigen weiterhin gewährleistet ist. Solche Massnahmen sind entscheidend, um die langfristige Gesundheit der Angehörigen zu erhalten. 

Wahlfreiheit und faire Arbeitsbedingungen: 

Es ist entscheidend, dass pflegende Angehörige die Wahl haben, ob sie sich anstellen lassen möchten. Dabei müssen faire und transparente Anstellungsbedingungen wie eine angemessene Entlohnung und geregelte Arbeitszeiten gewährleistet sein. 

Keine allgemeine Patentlösung 

Die Krankenkassen vergüten den Spitex-Organisationen und Firmen, bei denen Angehörige angestellt sind, 52.60 Franken pro Stunde für die Grundpflege, oft ergänzt durch Zuschüsse der Gemeinden. Die Angehörigen selbst erhalten jedoch nur einen Lohn von 30 bis 35 Franken pro Stunde für ihre Pflegearbeit. Die IGAB fordert deshalb Anpassungen am System. 

Das Modell der Anstellung von pflegenden Angehörigen bietet also im Moment keine allgemeine Patentlösung, stellt aber eine ergänzende Möglichkeit für einzelne pflegende Angehörige dar, die sich durch diese Anstellung finanziell und organisatorisch entlasten lassen möchten. 

Sind Sie pflegende/r Angehörige/r und überlegen, ob eine Anstellung sinnvoll ist, oder haben Sie Fragen dazu? Dann melden Sie sich bei unserer Sozialberatung, Michael Lang, michael.lang@als-schweiz.ch, Tel: +41 44 887 17 28.

Text: Andrea Wetz, Geschäftsleiterin Verein ALS Schweiz
Quelle: Publikationen | CIPA IGAB CIFC (cipa-igab.ch)

Ferienwoche: Impressionen und Berichte

Die diesjährige ALS-Ferienwoche fand vom 3. – 10. September in Locarno statt. Sechs ALS Betroffene und ihre Begleitpersonen logierten im Tertianum Locarno, das Wohnungen mit medizinischer Unterstützung anbietet. Mehrere Betreuende sorgten tagsüber für das Wohl der Gäste bei den verschiedenen Ausflügen.

Am ersten Tag nach der Anreise ging’s in die Falconeria Locarno, einem wunderschönen Ort in der Nähe des Tertianum, wo ein Einblick in die faszinierende Welt der Greifvögel gewährt wurde. Der Schiffsausflug auf dem Lago Maggiore am nächsten Tag war leider verregnet, trotzdem genossen die Teilnehmer die Ambiance und das Essen im gemütlich eingerichteten Katja Boat.

Am folgenden Tag ging es mit der Seilbahn in die Bergwelt oberhalb von Locarno nach Cardada bei annehmbarem Wetter ohne Regen. Alle konnten dort die wunderbare Aussicht geniessen und nach einer leckeren und inzwischen traditionellen Polenta die Höhenluft atmen.

Der nächste Tag war leider wieder sehr regnerisch, so dass die geplante und von der Spitex ALVAD offerierte Paella im Tertianum eingenommen wurde. Der weitere Tagesverlauf wurde mit Brett- und Kartenspielen, sowie einer begleiteten Malaktion gestaltet. Übrigens – das daraus entstandene Kunstwerk lässt sich sehen!

Am letzten Tag wurde die erneute Schifffahrt mit dem Elektro Boot «Katja» angetreten rund um die Isole di Brissago. Leider konnte die Insel wegen der vorhandenen Schotterwege nicht mit den Elektrorollstühlen angefahren werden.

Der wunderbare und kulinarische Ausklang am Abend fand wie gewohnt im Weinkeller Delea in Losone statt.

Berichte von Esther Frey (Projektleiterin Ferienwoche) und Michael Lang (Sozialarbeiter)

Impressionen der Ferienwoche

Nationaler ALS-Tag

Erkenntnisse, Lebensqualität und Tabuthemen

«Mir war sofort klar, dass ich wieder dabei bin. Der Austausch untereinander ist sehr wertvoll»
Verena Zappe, Ergotherapeutin

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Über die eigene Grenze gehen

Baptiste und Vasco Bühler: zwei Brüder, die für ALS an ihre Grenze gingen.

Letzten Sommer war ihre Grosstante an ALS verstorben. Sie sei wie eine Grossmutter für sie gewesen, erinnert sich Baptiste. Um Menschen mit der unheilbaren Krankheit zu unterstützen, beschlossen sie, an einem Triathlon Geld zu sammeln.

Gesagt, getan: am 18. August 2024 erkämpften Baptiste und Vasco Bühler am Wallis-Triathlon 3’500 Franken für Menschen mit ALS. Sie seien entschlossen, an ihre Grenzen zu gehen, sagte Baptiste vor dem Triathlon. Ihre Entschlossenheit liess sie sogar über ihre Grenzen gehen. Denn es war der erste Triathlon der beiden jungen Männer.

> Spendenaktionen

Wenn der Mann digital spricht

Anfangs sei es fremd gewesen, die Stimme ihres Mannes als digitale Kopie zu hören, erinnert sich Edith Dudler: «Es ist nicht 1:1, aber ich habe mich daran gewöhnt», sagt sie.

Im allerletzten Moment
Im August 2022 wurde dem früheren Elektromechaniker die schwere Nervenkrankheit ALS diagnostiziert, bei der über achtzig Prozent der Betroffenen Probleme mit der Stimme bekommen. Bei Willi Dudler beginnen sie ein Jahr vor der Diagnose. Auf Wunsch seiner Frau digitalisiert er seine Stimme; im allerletzten Moment. Inzwischen sei seine natürliche Stimme kaum mehr zu erkennen, sagt Edith Dudler. Nachdem Willi Dudler seine Stimme digital hat, ruft er seine Frau an. «Das berührte mich enorm», sagt sie. Seine neue Stimme komme etwa zu 75 Prozent an seine frühere heran, so Edith Dudler. Schade sei einfach, dass er nicht mehr in seinem Dialekt sprechen könne, sondern nur noch Hochdeutsch. Das sei bislang technisch leider noch nicht möglich. Der Verein ALS Schweiz verfolgt die Entwicklungen und wird bei der ersten Gelegenheit die Chance nutzen, das Angebot auch auf schweizerdeutsch anzubieten.

Seine Stimme werde sie nach seinem Tod wohl aufbewahren, sagt Edith Dudler.

Ein gutes Leben
ALS verkürzt die Lebenserwartung der Betroffenen meistens auf drei bis fünf Jahre nach den ersten Symptomen. Edith und Willi Dudler wussten deshalb nach der Diagnose nicht, ob sie noch einmal zusammen würden Weihnachten feiern können. Aber sie haben sich nie gefragt, warum es sie getroffen hat und warum es gerade diese Krankheit ist. «Es ist, wie es ist», sagt sie. Das sei ihre Einstellung und sie hätten beide ein gutes Leben gehabt.


Kostenloser Zugang Der Verein ALS Schweiz bietet seinen Mitgliedern in Kooperation mit der Acapela Group kostenlosen Zugang zum Voice Banking, um ihre Stimme digital zu erfassen. Ein entscheidender Schritt für ALS-Betroffene, um ein Stück Normalität zu bewahren.

Grosses Interesse Das Angebot des Vereins ALS Schweiz zur Digitalisierung der Stimme für Menschen mit ALS stösst auf grosses Interesse. Das sind die Zuwachsraten seit Projektstart im März 2023: 31 Beratungen (plus 29 Prozent) | 21 genehmigte Gesuche (plus 31 Prozent) | 16 aufgenommene Stimmen (plus 78 Prozent)

ALS-Formen spinal (60 bis 70 Prozent, Arme und Beine), bulbär (20 bis 30 Prozent, Sprech-, Kau- und Schluckmuskulatur), respiratorisch (ca. 5 Prozent, Atemmuskulatur) und Flail-Arm-Syndrom (ca. 3 Prozent, Schulter- und Oberarmmuskulatur).

Stimmverlust Die eigene Stimme ist ein wesentlicher Teil der Identität. Ihr Verlust kann Depression, Wut und Scham auslösen und zu Isolation führen.

> Voice Banking

Neues Angebot: Psychologische Begleitung

Haben Sie oder eine Ihnen nahestehende Person die Diagnose ALS erhalten und wünschen sich Begleitung/Unterstützung für diese Herausforderung?

Der Verein ALS Schweiz bietet neu psychologische Begleitung an für Menschen mit der Diagnose ALS und deren Angehörige.

  • Fühlen Sie sich innerlich überfordert und möchten mit jemandem über diese belastende Situation reden?
  • Wünschen Sie sich einen geschützten Raum, um sich mit der Krankheit und der dadurch veränderten Lebenssituation auseinanderzusetzen?
  • Jemanden, der Ihnen die Möglichkeit bietet, Strategien im Umgang mit der Krankheit zu entwickeln?

Wir stellen Ihnen ein niederschwelliges, unbürokratisches und kostenloses Angebot zur Verfügung, das keine ärztliche Überweisung erfordert und vertraulich ist.

Das Ziel ist es, rasche, unkomplizierte psychologische Unterstützung zu bieten für ALS Betroffene und deren Angehörige, in allen Stadien der Krankheit.

Die Begleiterin, Carmen Ruesch, ist mit der Krankheit und ihren Herausforderungen vertraut. Sie hielt kürzlich einen Vortrag über Resilienz bei unserer Mitgliederversammlung.
Mehr über das neue Angebot: Psychologische Begleitung

ICE BUCKET CHALLENGE RELOADED

Im Sommer vor zehn Jahren sah man auf Facebook & Co. jede Menge Clips von Menschen, die Eiswasser über ihren Köpfen ausleeren. Das Ganze hiess «Ice Bucket Challenge» und war eines der grössten viralen Ereignisse aller Zeiten. Dass es um die seltene Nervenkrankheit ALS ging, war längst nicht allen klar.

Spass trotz ernstem Thema
Zum 10-jährigen Jubiläum der Challenge stellte die International Alliance of ALS/MND Associations jetzt einen Clip mit Menschen aus aller Welt ins Netz. Der Clou: es sind alles Menschen von ALS-Organisationen, die einander symbolisch den Eiswasser-Kübel weitergeben. Auch das Team des Vereins ALS Schweiz ist dabei. Geschäftsführerin Andrea Wetz: «Für die internationale Community setzten wir auf Swissness. Und trotz des ernsten Themas machte es Spass, mitzuwirken»

Millionen in Wochen
Innert weniger Wochen kamen mit der Ice Bucket Challenge wie aus dem Nichts 115 Millionen US-Dollar zusammen, darunter 77 Millionen für die ALS-Forschung. Etwa für das internationale Genforschungsprojekt MinE. Brian Dickie, Forschungsdirektor bei der Motor Neurone Disease Association, sagte in der Times: «Es ist ermutigend zu sehen, wie jetzt Ergebnisse kommen, welche der Forschung weltweit neue Wege eröffnet» Ausgelöst hatte die Aktion der Profigolfer Chris Kennedy. Er habe seinen Cousin aufheitern wollen, der mit 34 an ALS erkrankt sei und hätte nie gedacht, dass das viral gehen würde.

500 bis 600 Betroffene in der Schweiz
ALS ist eine schwere Erkrankung des Nervensystems, die zu immer stärkeren Lähmungen führt, insbesondere an Armen und Beinen, dem Rumpf und der Atmung sowie am Sprech-, Kau- und Schluckapparat. Ausserdem sinkt die Lebenserwartung auf durchschnittlich drei bis fünf Jahre nach den ersten Symptomen. Der Verein ALS Schweiz unterstützt Betroffene und Angehörige seit 17 Jahren mit einer Vielzahl von Angeboten, Dienstleistungen und Kontakten. In der Schweiz leben etwa 500 bis 600 Personen mit ALS.

> Video Ice Bucket Challenge vom Verein ALS Schweiz

Roadmovie und Höhenmeter

Brücken: vielerlei Anlässe ermöglichten ALS-Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonen, sich kennenzulernen oder im Kontakt zu bleiben.

International
Der Verein ALS Schweiz war Gastgeber des alljährlichen Treffens der globalen ALS-Community. Diese weltweit grösste ALS-Fachveranstaltung fand 2023 erstmals in dreissig Jahren in der Schweiz statt und zählte über 1‘600 Teilnehmende. Nächster ALS-Weltkongress: Dezember 2024, Montreal, Kanada.

Welthospiztag – Brugg, Kino Odeon, 14.10.23
palliative aargau zeigte das deutsche Roadmovie «Hin und weg» (2014) und lud zu einem ALS-Podium mit einer Fachperson, zwei Angehörigen und dem Betroffenen Manuel Arn ein.

US-Cars, Trikes und Seitenwagen
Der Verein «Ride for Good» organisierte eine kostenlose Ausfahrt zu einem rollstuhlgängigen Aussichtspunkt für ALS Betroffene und Betreuungspersonen.

Sportspende – Anzère, 15.7.23
Nachdem Laurent Crittin von der ALS Diagnose eines nahestehenden Menschen erfährt, beschliesst er, Geld für den Verein ALS Schweiz zu sammeln. Am Trail des Audannes im Wallis macht er 25 Kilometer und 1‘550 Höhenmeter in 4 Stunden und 13 Minuten und überweist dem Verein 4‘200 Franken.

Gedenktage
Tag der Kranken, Internationaler Frauentag und Global Day of Recognition of ALS/MND – der Verein ALS Schweiz nutzte sie, um darauf aufmerksam zu machen, wie die unheilbare Nervenkrankheit das Leben verändert, wie viele Menschen sich rund um eine betroffene Person einsetzen und dass ALS auch Maladie de Charcot, Motor Neurone Disease [MND] und Lou Gehrig’s Disease heisst.

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