#4 Nicolas Gloor: Mehr als das eigene Schicksal

Drei Jahre vor seiner ALS-Diagnose fliegt Nicolas Gloor für einen Studienaufenthalt nach Afrika, in den Senegal. Als er im Flugzeug sitzt, fragt er sich, warum er ausgerechnet dorthin gehen wollte. Es sei reiner Zufall gewesen, erinnert er sich. Später wird er sagen, er habe dort eine der besten Zeiten seines Lebens gehabt.

In Dakar angekommen, arbeitet Nicolas Gloor in einem Notaufnahmezentrum, wo er Kinder und Jugendliche kennenlernt, die seit Jahren auf der Strasse leben, getrennt von ihren Familien, geschlagen und angekettet. «Ihr Schicksal berührte mich sehr und ich wollte nicht nach Hause gehen, ohne etwas zu tun», erzählt er. Der angehende Sozialpädagoge gründet eine Stiftung, um das Thema in Europa bekannt zu machen. Das war vor sechs Jahren. Noch heute habe er von Zeit zu Zeit Kontakt mit Jugendlichen, die er betreut habe. «Ich würde gern wieder in den Senegal reisen, kann aber nicht, weil ich im Rollstuhl bin», bedauert er.

«Nicolas hatte immer viel Bodenhaftung» Elisa Kila, beste Freundin

Die Reise in den Senegal sollte den jungen Mann tief beeindrucken. Das Schicksal der Strassenkinder, die Härte, die ihnen widerfährt. Seine beste Freundin, Elisa, sagt: «Ungerechtigkeit hat Nicolas immer beschäftigt. Als er in den Senegal ging, sah er sie mit eigenen Augen. Doch er hat seit jeher viel Bodenhaftung.» Bis heute gelingt es ihm, Kraft für sein Leben mit der schweren Krankheit ALS aus den Erlebnissen im Senegal zu schöpfen. Er habe dort gelernt, dass es mehr gebe als sein eigenes Schicksal.

Hoffnungsschimmer Als Nicolas Gloor in Dakar in einer Notaufnahme arbeitet, lernt er Kinder und Jugendliche kennen, die auf der Strasse lebten, getrennt von ihren Familien, geschlagen und angekettet. Er gründet eine Stiftung, um ein Auffangzentrum für sie aufzubauen Accueil | Yakaar : une lueur d’espoir

Zur Person: Nicolas Gloor (28) ist Sozialpädagoge und arbeitete in einem Begegnungszentrum für Strassenkinder in der Republik Senegal. Zurück in der Schweiz gründete er 2020 eine Stiftung, um lokale Organisationen zu unterstützen. Er habe im Senegal eine seiner besten Zeiten seines Lebens gehabt, obwohl er aus purem Zufall dorthin gegangen sei.

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